Heute möchte ich euch wieder ein neues Label vorstellen. Die Vorstellung von neuen Labels liegt mir sehr am Herzen, da im Fair Fashion Bereich vor allem kleine Labels mit geringeren Stückzahlen existieren. Es gibt bereits sehr viele Kleidungsstücke die man sucht in Nachhaltig und fair, nur vielleicht von einem bisher noch unbekannten Label. Heute geht es um das junge und ambitionierte Label FREIRAUMREH.

Jumpsuit „Janna“ – Größe M

Gegründet in diesem Jahr von Kim, produziert das Label in der Türkei. Die Kollektion umfasst insgesamt 6 Statement-Pieces und ein paar sehr durchdachte Einzelteile. Dazu gehört zum Beispiel der 3-in-1 Jumpsuit welchen ich auf den Bildern kombiniert habe. Kim ist Transparenz sehr wichtig, deswegen habe ich ihr die genaue Vorstellung des Modelabels überlassen und Ihr ein paar Fragen gestellt:

1. Liebe Kim, was war deine Motivation, um ein eigenes Fashionlabel zu gründen?

Ich habe lange im Marketing gearbeitet und meine Hauptkunden waren Amazonhändler. Die Produkte wurden zu 100 Prozent aus Niedriglohnländern importiert. Das Ziel war es, möglichst große Mengen an den Endkunden zu verkaufen. Ohne Sinn und Verstand. Nach fünf Jahren hatte ich das Gefühl ausgelaugt und nutzlos zu sein und sogar bewusst nicht nachhaltige Unternehmen zu unterstützen. Privat hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt aber schon voll in den Bereichen Minimalismus und Zero Waste verwirklicht. Der Schritt in die Selbstständigkeit mit meinem nachhaltigen Unternehmen FREIRAUMREH und Mode mit Ausdruck, angelehnt an meine eigene Capsule Wardrobe, hat sich unfassbar richtig angefühlt.

Der Jumpsuit kann mit drei Knöpfen verbunden werden. Hier kombiniere ich das Oberteil wintertauglich mit einem Rollkragenpullover.
2. Woher beziehst du die Stoffe und wo lässt du produzieren?

Meinen Hersteller habe ich vor zwei Jahren in Izmir kennengelernt. Die Näherei und auch die Plantage sind im Umkreis von 100 km zu Izmir. Es ist ein Familienunternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich der Bio-Baumwollverarbeitung. Die Wahl ist am Ende auf diesen Hersteller gefallen, da ich überall reinschauen, Filmen und Interviews mit allen Mitarbeitern aufnehmen durfte. Dies war möglich, ohne das der jeweilige Vorgesetzte im Raum war. Das war extrem überzeugend und wir haben mittlerweile einen sehr freundschaftlichen Umgang. Den Tencel, zum Beispiel für den Jumpsuit, beziehen wir aus Österreich.

3. Wen möchtest du mit Freiraumreh ansprechen?

Mit der Kollektion Mode 2020 möchte ich Menschen connecten, die ähnliche Themen bewegen. Da die nächste Kollektion keine klassische Modekollektion mehr ist, möchte ich Menschen zusammenbringen, die sich mit nachhaltigen Themen wie Klimawandel, Umweltschutz oder Slow Fashion beschäftigen. Für mich wird Mode 2020 zum Ausdruck sensibler Themen, die Aufmerksamkeit bedürfen. Ich hoffe damit auch über die „Nachhaltigkeitsbubble“ hinaus Menschen zu erreichen, die noch viel zu wenig angesprochen werden und diese mit ins Boot zu holen.

Das Unterteil hat einen lockeren Schnitt.
4. Wie viele Kollektionen planst du pro Jahr? Wenn nur eine Kollektion – warum?

Ganz ehrlich? Eigentlich muss ich ‚keine‘ antworten. Ich möchte mit FREIRAUMREH zukünftig sowohl saisonal unabhängig produzieren als auch viel Unisex-Schnitte anbieten. [Anm. d. Red.: Die aktuellen Schnitte und Kleidungsstücke können auch schon weitestgehend problemlos Unisex getragen werden] Arbeitsbedingungen, nachhaltige Stoffe und eine grüne Unternehmensstruktur sind die Grundpfeiler. Wir müssen zukünftig aber sehr stark an unserem Konsumdenken arbeiten. Niemand benötigt jeden Winter eine neue Winterjacke. Niemand sollte sich zum Saisonwechsel gezwungen fühlen neue Kleidung zu kaufen.

Ich möchte mit FREIRAUMREH in eine andere Richtung. Die nächsten „Kollektionen“ werden Kooperationen mit Künstlern. Meine Mode wird nicht nur nachhaltig, sondern zukünftig auch Sprachrohr sein. Das war mein Wunsch von Anfang an, den ich nach der ersten Kollektion jetzt verwirklichen werde.

Künstler, die sich mit den Themenfeldern Umweltschutz, Klimawandel, Selbstliebe, Tierleid, Wandel der Wahrnehmung der Rolle der Frau, Zero Waste, Kapitalismus und Konsumwahn und „Unfuck the Economy“ beschäftigen, werden so mit mir die nächsten Teile kreieren. Darauf freue ich mich sehr – das gibt Raum für ganz neue Begegnungen und Kommunikationsgestaltung.

5. Was hast du bisher beim Gründen gelernt bzw. was war ein einschneidendes Erlebnis für dich?

Gelassenheit. Klingt komisch. Meine Mama nannte mich schon als Kind und Jugendliche immer lachend ein „kleines Pulverfässchen“. Ich bin ein sehr emotionsgesteuerter Mensch. Eine Gründung ist ein einziges Auf und Ab und das wird sich noch sehr lange nicht ändern. Ich bin ein furchtbar ungeduldiger Mensch. Im Gespräch mit anderen Gründern habe ich nach und nach akzeptiert, dass schlechte Nachrichten an der Tagesordnung sind. Ständig geht etwas schief, ständig muss man sich um etwas kümmern. Mittlerweile habe ich ein Ritual. Kommt eine dieser Nachrichten rein, schaue ich kurz an die Decke, grinse bewusst und sage mir „Na du kleines Pulverfässchen. Gehen wir jetzt an die Decke oder ist alles gut? Regeln wir das jetzt einfach?“.

Vielen Dank Kim für das Interview! Bis Ende des Jahres gibt es im Onlineshop 20 Prozent auf die Kollektion. Folgt mir auch gerne auf Instagram (@phoenomenal_com), da gibt es in den nächsten Tagen was zu gewinnen.

Fun Fact: Die Fotos haben Domenika und ich kurz vor bzw. nach der Wohnungsübergabe meiner Berliner Wohnung gemacht. Das sind also offiziell die letzten Bilder die in meiner ersten eigenen Wohnung entstanden sind.