In Deutschland werden jährlich 17,8 Millionen Tonnen Müll produziert und damit 20 Prozent mehr als im EU-Durchschnitt. Der Großteil dieses Müllbergs besteht aus Einwegverpackungen. Eine gute Alternative um auf Einwegverpackungen im Supermarkt verzichten zu können sind Unverpackt Läden im Stil und der Größe eines Tante-Emma-Ladens. Hier bringt man seine eigenen, wiederverwendbaren Gefäße mit und füllt sich die benötigten Mengen selber ab.

Ende November 2016 hat ein weiterer Unverpackt Laden aufgemacht, doch in meinen Augen ist es ein ganz besonderer: Emmas Tante – Unverpackte Naturalien in Görlitz. Görlitz ist eine Stadt in Sachsen und mit weniger als 60.000 Einwohnern eine der kleinsten Städte in welcher bisher ein Unverpackt Laden eröffnet hat. Doch auch die besondere Lage im Dreiländerdreieck Deutschland-Polen-Tschechien, sowie die Lage direkt an der Grenze zu Polen offenbart die potenzielle Reichweite dieses Ladens. Umso mehr habe ich mich gefreut, als ich endlich die Gelegenheit hatte diesen zu besuchen.

Inhaberin des kleinen Geschäfts in einer Nebenstraße der Görlitzer Hauptstraße ist Susanne. Sie ist der Inbegriff einer Powerfrau, denn als alleinerziehende Mutter von drei Töchtern hat Sie entschlossen sich selbstständig zu machen. Eine Aufgabe, welche viele in einer Kleinstadt als „mutig“ bezeichnen würden und dabei sind solche Entscheidungen so essentiell für das Stadtbild wie es in Görlitz vorhanden ist.

Doch nun zum eigentlichen Unverpackt Laden. Denn dieser steht denen in größeren Städten in nichts nach. Es gibt ein vielfältiges Angebot unter anderem an trockenen Lebensmitteln, frischem Obst und Gemüse, Getränken, Milchprodukten, Gewürzen und Tees, Hygieneartikeln und Hilfsmitteln für den persönlichen Zero Waste Lifestyle (Behältnisse, Brotboxen, Stoffbeutel, etc.). Es gab aber auch schon Kräuter- und Tomatenpflanzen im Laden. Das Prinzip des Ladens ist an der Fensterscheibe erklärt und eine süße Oma schmückt als Logo die Tür. Abgewogen wird das mitgebrachte Behältnis auf der Waage im Laden, das Gewicht notiert oder ausgedruckt, auf das Behältnis geklebt und anschließend die gewünschte Ware abgefüllt. So weit, so einfach. Für alle die noch keine passenden Behältnisse haben, gibt es mehr als genug Auswahl im Laden.

Doch wie viel Müll produziert ein Unverpackt Laden?

Kritiker behaupten, dass das Konzept nur für den Endkonsumenten aufgeht. Im Lager würde genauso viel Müll produziert, wie in regulären Supermärkten. Susanne kann das nicht bestätigen. Ein Großteil der Produkte, allen voran die trockenen Lebensmittel, werden in Papiertüten angeliefert. Auch etwas Plastikmüll fällt im Laden an, Susanne schätzt die Menge seit Eröffnung auf einen gelben Sack pro Monat. Dieser entsteht vor allem durch die Putzmittel, welche nur in Plastikkanistern geliefert werden und auch nicht vom Hersteller zurückgenommen werden. Momentan sammelt Susanne die Kanister noch und hofft auf jemanden der „sich ein Floß daraus bauen und auf der Neiße entlang schippern möchte“. Komplett müllfrei ist die Lieferkette also auch nicht, jedoch wird der Müll durch Großpackungen stark reduziert und auf nachhaltigere Alternativen wie z.B. Papier und wiederverwendbare Dosen gesetzt. Einen normalen Supermarkt lässt ein Unverpackt Laden also im Vergleich des produzierten (Plastik-)Mülls weit hinter sich.

Wie wird der Laden von den Görlitzern angenommen?

Das ist die für mich spannendste Frage: Wie kommt der Laden in einer Kleinstadt wie Görlitz, wo per se schon weniger potenzielle Kundschaft da ist, überhaupt an?

So freut Susanne sich über eine allgemein offene Einstellung der Görlitzer zum unverpackten Einkaufen und das der Laden von allen Altersschichten gut angenommen wird. Immer mehr Kunden bringen ausschließlich Ihre eigenen Gefäße mit und teilweise werden komplette Wocheneinkäufe im Laden erledigt. Sehr gut kommen auch die Hygieneartikel an. Allen voran sind das die Bambuszahnbürsten, aber auch die Kondome und die bereits erwähnten Putzmittel werden gerne gekauft.

Die ältere Generation freut sich über die geweckten Erinnerungen an die damaligen Einkaufsgewohnheiten. So sind Unverpackt Läden ja im weitesten Sinne die wiederbelebten Tante-Emma-Läden von damals. Gerne naschen die Senioren die Bonbons, schmunzelt Susanne.

Ihre persönliche Einstellung zu Zero Waste bezeichnet Susanne als „entspannt“. Auch Sie hat diesen Lebensstil Stück für Stück entwickelt und vermeidet Einwegverpackungen so gut es geht. Auch Ihre Kinder wachsen mit diesem Umweltbewusstsein auf, jedoch verbietet Sie es Ihnen nicht vom Taschengeld verpackte Lebensmittel zu kaufen oder Geschenke zu akzeptieren.

Ich persönlich habe für Susanne nichts als Respekt übrig und finde es klasse, dass Sie sich entschlossen hat einen Unverpackt Laden zu eröffnen. Als beschäftigte Mutter und Ladenbesitzerin bedanke ich mich sehr für Ihre Kooperationsbereitschaft und Zeit.