Wie oft habe ich schon einen Artikel darüberschreiben wollen. Wie oft hatte ich angefangen, dann das Gefühl gehabt, keine richtigen Worte für meine Gefühle und die Situation zu finden und dann den Artikel doch wieder verworfen. Ich wollte niemanden zu Nahe treten oder vor den Kopf stoßen. Dabei wurde ich im Leben in genau dieser Hinsicht schon so oft vor den Kopf gestoßen – es reicht.

Ich konnte einfach nicht anders als mir die Zeit zu nehmen, als die FashionChangers zu #bloggergegenrechts aufgerufen haben. Ganz einfach, denn: Wir können es uns nicht mehr leisten unpolitisch zu sein. Wer noch alles an der Blogreihe teilnimmt, könnt Ihr am Ende des Posts entdecken.

„Being angry all the time is exhausting and corrosive. Not being angry feels morally irresponsible.” – Tweet von Tim Grierson

Dieser Tweet beschreibt wahrscheinlich nicht nur meine Gefühlslage am besten. So fühle ich mich, nun ja, seit der Flüchtlingskrise 2015. Wir brauchen uns nichts vormachen, Rassismus und Diskriminierung waren nie „weg“, sondern eher nur verstummt. Doch nun ist es wieder salonfähig geworden, Menschen offen aufgrund der Herkunft zu beleidigen, herabzusetzen und teilweise sogar körperlich anzugreifen. Die AfD ist zweitstärkste Kraft und ja, die anderen Parteien sollten darauf definitiv reagieren, aber dabei nicht die vielen anderen wichtigen Probleme vergessen. 

Doch nicht nur die Nazis sind lauter geworden. Deutschland ist überschwemmt von Partypatrioten und Schönwetterrassisten (angebliche Protestwähler, ich meine euch), welche grölen und mitlaufen, weil man das halt gerade so macht. Nur handelt es sich hierbei nicht um einen Fußballverein der einen Lauf hat, sondern um das Schicksal vieler Menschen.

Denn hach wie schön und einfach ist es doch, den Parteien zu glauben und das eigene Scheitern, die eigenen Verfehlungen, aber auch die Verfehlungen des Staates auf eine Gruppe zu schieben die so gesehen erst seit drei Jahren im Lande ist. Denn um seine eigenen Vorurteile zu überkommen und sich die eigenen Verfehlungen einzugestehen ist scheiße, angsteinflößend und unangenehm und für emotional nicht allzu reflektierte Menschen sehr schwierig.

Warum die AfD so 1933 ist.

Der Moslem ist der neue Jude und die Hautfarbe das neue Hassobjekt. Man ist nicht gegen die Ausländer, sondern man ist gegen Menschen mit einer dunkleren Hautfarbe oder einem äußeren Erscheinungsbild, welches auf eine in der Regel arabische Herkunft schließen lässt.

Nach einigen Monaten Unterstützung in der Flüchtlingsunterkunft, zwei Hausarbeiten und einer Bachelorarbeit zu dem Thema muss ich ganz ehrlich sagen: Ich raffs nicht.

Meiner Erfahrung nach, vor allem aus der Unterkunft, ist ein Querschnitt einer Gesellschaft eingewandert. Dazu zählen natürlich Menschen, welche sich nicht integrieren wollen, mich als Frau nicht respektiert haben und bei denen man wusste das Sie Ihre Frauen auch nicht respektieren. Dem Gegenüber stand und steht ein Großteil welcher höflich und dankbar war und ist. Diese Personen haben sich Sätze vorher fleißig zusammengelegt, damit Sie auf Deutsch nach neuem Duschgel fragen konnten. Wie gerne hätte ich jede kritische Stimme zu ein paar Stunden Mithelfen verdonnert.

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit habe ich Anfang 2018 erneut Geflüchtete befragt. Es wurde deutlich das Sie sich, allen Widrigkeiten und Steinen denen Ihnen in Deutschland in den Weg gelegt werden zum Trotz, dafür einsetzen um hier zu bleiben. Sie lernen die Sprache und machen eine Ausbildung oder nehmen das Studium wieder auf um dem deutschen System zur Verfügung zu stehen. Passt leider nicht so ganz zu dem Bild das sich die Rassisten da eingeredet haben.

Die Milchmädchenrechnung

Die Milchmädchenrechnungen und das Bild der AfD und Rassisten kann man übrigens auch andersherum machen:

  • „Die Arbeitskraft und das Geld.“

Als die Flüchtlingskrise Gestalt annahm dachte ich mir, ganz die BWLerin, wir integrieren Sie gut und dann haben wir die dringend benötigten Fachkräfte. Die Geflüchteten stellen eine wertvolle Ressource für den Arbeitsmarkt dar.

  • „Der Terrorismus“

Drehen wir den Spieß mal um: Menschen haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt um eine Zukunft in einem Land zu haben, wo Sie beleidigt werden und für Dinge die Sie nicht zu verantworten haben den Sündenbock spielen sollen. Einem Land zu dem man keine Bindung aufbaut, ist man wahrscheinlich eher bereit Schaden zuzufügen.  

  • „Diese Flüchtlinge!“

Was ich erst recht nicht peile ist, dass wir immer noch von der Flüchtlingskrise reden. Das war 2015. Seitdem sind drei Jahre vergangen, in welchen die Geflüchteten hier im Land waren, das BAMF den massiven Rückstau an Asylentscheidungen abgebaut hat, die Personen ihre Deutschkurse begonnen und vielfach absolviert haben, auf Arbeitssuche sind oder im besten Fall schon eine Ausbildung oder einen Job begonnen haben. Freunde, der Drops ist gelutscht und die Integration über welche wir noch philosophieren findet jeden Tag statt.

Das gute deutsche Volk mit seiner Leitkultur schneidet sich also nur selbst ins Fleisch.

Doch was kann nun als Einzelperson dagegen machen?

So einiges. Clicktivism und Petitionen online unterzeichen sind ein Anfang, aber das reicht leider nicht.

1. Zuallererst: Den Mund aufmachen und Stellung beziehen. Wir müssen nicht alle Sophie Passmann sein, aber wenn Stammtischsprüche (angebliche deutsche Leitkultur bist du es?) wieder einmal fallen, einfach mal fragen wie die Person darauf kommt bzw. woher Sie diese Info hat. Das bringt Sie nach persönlicher Erfahrung in 100% der Fälle in Erklärungsnot. Diese rassistischen Aussagen dürfen wir nicht einfach hinnehmen und jede Reaktion ist besser als keine Reaktion!

2. An Demos teilnehmen! Demos sind die beste Möglichkeit Gleichgesinnte zu treffen und für die Sache zu protestieren.

3. Einfach immer wichtig: WÄHLEN GEHEN! Demokratie muss gelebt und beschützt werden und wir müssen unser Mitbestimmungsrecht wahrnehmen.

24.09. | Jana Braumüller von Not another Woman Mag
25.09. | Vreni Jäckle von Jäckle & Hösle
26.09. | Johanna Misfeldt von Mintundmeer
27.09. | Nina Lorenzen von Pink & Green
28.09. | Bente Singelmann vom Peppermynta Mag
29.09. | Alf-Tobias Zahn von GROSSVRTIG
30.09. | Phoebe Nicette von Phoenomenal
01.10. | Mia Marjanovic von heylilahey
02.10. | Franziska Schmid von Veggie Love
03.10. | Ester Rühe und Anna Kessel von Die Konsumentin
04.10. | Sophia Hoffmann / Sophia Hoffmann
05.10. | Laura Mitulla von The Ognc
06.10. | Jenni Hauwehde von Mehr Als Grünzeug
07.10 | Maren von Minza Will Sommer
08.10. | Bina Nöhr von Stryletz
09.10. | Ann Cathrin Schönrock von Fashionfika
10.10. | Magdalena Muttenthaler von Free Mindes Folks
11.10. | Maren Wilczek von Average Pony
12.10. | Rita Schneider von Frau Schneider tut.net

Fotocredits Collage:
Alf-Tobias Zahn, fotografiert von © René Zieger
Phoebe Nicette, fotografiert von © Lydia Hersberger
Vreni Jäckle, fotografiert von © Anna Steinert
Franziska Schmid, fotografiert von © Grit Siwonia